Nun waren wir doch schon eine ganze Weile unterwegs und doch sollte erst jetzt das Ziel kommen, auf das wir uns am meisten gefreut hatten – das Hotel „La Garance“ am Fuße des Mont Ventoux.

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Endlich erreichten wir nach einer stressigen Autofahrt, die doch länger gedauert hatte als wir zuvor berechnet hatten, unser Ziel. Leider war unser Navi zwischenzeitlich etwas irritiert und hatte uns zweimal mitten in die Pampa gelotst, um dann dort freudig zu verkünden: „Sie haben Ihr Ziel erreicht!“.

Doch endlich angekommen, waren wir mehr als begeistert! Das Zimmer war nicht nur barrierefrei, wie ich es gebucht hatte, sondern auch noch wunderbar geräumig und hatte sogar, neben dem vorhandenen Doppelbett, ein Einzelbett übrig. Wir richteten uns zunächst einmal häuslich ein, bevor wir uns in Richtung Pool aufmachten. Das Hotel hat nur süße 16 Zimmer und damit einen angenehmen familiären Charme. Durch die überschaubare Anzahl an Hotelgästen fühlt es sich eher nach einer kleinen Herberge an, denn die Hausherrin Johanna kümmert sich fast eigenständig um den gesamten Ablauf. Das Frühstück ist liebevoll dekoriert und man gibt sich Mühe, keine Wünsche offen zu lassen. Mittags treffen sich, gerade im Hochsommer, die Hotelgäste gerne im Aufenthalts- und Frühstücksraum. Dieser ist wunderschön gefliest und daher ist es dort im Sommer angenehm kühl. Man macht es sich auf einem der Sofas bequem und surft im dortigen WLAN oder hält ein nettes Gespräch mit Johanna, die gebürtige Holländerin ist, aber schon sehr lange in Frankreich lebt und daher fließend Französisch, Niederländisch, Englisch und Deutsch spricht. Im Hotel hängen keine Regeln, was man zu tun oder zu lassen hat (wie es z.B. in dem Hotel war, in dem wir zuvor waren), sondern es läuft alles auf einer sehr vertrauten Ebene ab. Wer sich etwas zum Trinken nehmen möchte, muss einfach seine Zimmernummer auf einen der Zettel eintragen. Es wird darauf vertraut, dass die Gäste ehrlich sind und sich wie zuhause fühlen sollen.

Wir waren ja auf dem Weg zum Pool und hatten ein wenig mit dem Weg zu kämpfen. Denn das Zimmer ist zwar barrierefrei, aber der Weg dorthin ist geschottert und ohne Lukas Hilfe kam ich quasi nicht voran. Doch die größte Hürde waren die fünf Stufen zum Pool, die zwar wunderschön gepflastert sind, aber leider auch unterschiedlich hoch. Doch innerhalb von Sekunden standen andere Gäste um uns herum und hatten mich schnurstracks hochgetragen. Manchmal ärgert es mich, wenn man mich nicht fragt, sondern einfach handelt, doch in diesem Moment fand ich diese schnelle Hilfe mehr als toll! Wir machten es uns auf einer der Sonnenliegen bequem und genossen die fantastische Aussicht. Es ist schon ein unbeschreibliches Gefühl, wenn man bei 43°C im Schatten unter einem Sonnenschirm am Pool liegt und dabei einen freien Blick auf die Spitze des Mont Ventoux hat! Doch nicht nur das, nach einer kleinen Runde durch den Pool kam Johanna mit frisch geschnittenen Stückchen Wassermelone vorbei uns servierte diese jedem Gast auf einem kleinen Tellerchen. Wir mussten Im Paradies sein!

Und nun kann ich euch auch sagen, was es heißt, einen Fotografen als Freund zu haben! Nicht nur, dass man natürlich immer und überall wunderschöne Fotos gemacht bekommt. Manchmal muss man dafür auch einiges investieren – und wird dafür am Ende mehr als belohnt! So auch eines Abends, als mein Lieblingsmensch mir zaghaft eröffnete, dass er am nächsten Morgen gerne den Sonnenaufgang auf dem Mont Ventoux fotografieren würde und wir beide dafür um halb fünf aufstehen müssten. Ja, früh aufstehen ist nun wirklich nichts, was mir besonders leicht fällt und dementsprechend hielt sich meine Begeisterung zunächst in Grenzen. Jedoch war die Art, wie er mich fragte so süß, dass ich niemals abgelehnt hätte. Daher fanden wir uns am nächsten Morgen um fünf Uhr auf der Spitze des Mont Ventoux wieder. Am Tag zuvor hatten wir schon eine schöne Stelle mit gutem Blick Richtung Osten auserkoren und waren mehr als glücklich, dass wir die aller Ersten auf dem Berg waren und vollkommen alleine. Jedoch besteht der Berg weiter oben nur noch aus weißen Steinen, auf dessen Geröll es sich mit dem Rollstuhl absolut nicht fahren lässt. Daher trug mich der Lukas an seine ausgewählte Stelle und schleppte kurze Zeit danach den Rollstuhl hinterher.

Hier saßen wir nun zu zweit, vollkommen alleine und einsam und schauten der Sonne zu, wie sie peu à peu immer weitere Bergkämme im Licht erscheinen ließ. Diese später in wunderschönes, orangenes Licht tauchte, um dann den gesamten Himmel zu erleuchten und für uns zu einem unbeschreiblichen Erlebnis werden ließen. Ich hatte schon einige Sonnenaufgänge erlebt, unter Anderem am Meer. Doch so schön, wie auf dieser Bergspitze, war noch kein einziger gewesen! Es war unglaublich zu spüren, wie die Sonne langsam kräftiger wurde und man zuvor noch frierend auf die blinkenden Lichter der Städte geschaut hatte, nun von der Kraft der Sonne gewärmt wurde und die ganze Landschaft zu leuchten begann. Aber mit der aufgehenden Sonne kamen auch die ersten Touristen- und Wanderergruppen und weiter unten quälten sich, wie immer, verrückte Fahrradfahrer die Serpentinen hinauf. Also Zeit für uns, alles zusammenzupacken und uns im Hotel das verdiente Frühstück schmecken zu lassen. Dabei hielten wir ein kurzes Gespräch mit Johanna und erzählten ihr, dass wir so gerne noch den blühenden Lavendel gesehen hätten, aber es dafür ja zu spät sei. Doch sie wusste, dass in Sault noch ein Lavendelfest stattfinden würde und bis dahin noch das ein- oder andere Lavendelfeld stehen bleiben würde. Also machten wir uns direkt nach dem Frühstück auf den Weg, der uns glücklicherweise wieder ein Stück über den Mont Ventoux führte. Und siehe da, sie hatte nicht zu viel versprochen: ein paar Lavendelfelder standen noch und ich konnte es mir nicht nehmen lassen, einmal mitten drin stehen zu müssen. Das war ein unglaubliches Summen und Brummen um mich herum und ich musste spontan an den „Sommer“ der Vier Jahreszeiten von Vivaldi denken. Direkt gegenüber des Lavendelfeldes war ein kleiner Straßenverkauf einer alten Frau, bei der wir natürlich prompt noch ein paar Sträuße getrockneten Lavendel kaufen mussten und es in unserer Wohnung nun so wunderbar nach Urlaub und Provence duftet!

Vielleicht ist es dem ein oder anderen aufgefallen, dass ich dieses Mal nicht jeden einzelnen Tag im Detail erzählt habe, denn das wäre viel zu viel für diese Seiten. Doch ich möchte nur noch so viel sagen: die vier Tage und drei Nächte vergingen wie im Flug und waren doch schneller um, als uns lieb war. Es war so wunderschön, dass wir sehr, sehr gerne noch einmal dorthin fahren würden. Aufgrund der wunderschönen Gegend, des tollen Wetters, des süßen Hotels und der liebevollen Gastgeberin Johanna!