Manchmal fehlen mir echt die Worte!
Ja, ich bin wirklich froh, dass ich einen eigenen Behindertenparkplatz vor meiner Haustüre habe. Auf dem auch nur ich parken darf, weil er mit meiner Ausweisnummer versehen wurde. Das ist für mich eine unglaubliche Erleichterung, weil es bei unserem Wohnhaus keine barrierefreien Parkplätze gibt, aber ich ja schließlich die Möglichkeit haben muss, mein Wohnhaus mit meinem eigenen Auto erreichen zu können. Auf grobem Schotter zu parken ist leider nicht möglich, weil es sich darauf schlecht bis gar nicht mit dem Rollstuhl fahren lässt, überall tiefe Löcher im Boden sind und ich sowieso immer eingeparkt werde.

Man kann es den Leuten ja nicht verdenken. Auch ich hätte früher nicht erst hinter die Windschutzscheibe geschaut, ob dort vielleicht ein blauer Parkausweis liegen könnte und ich deshalb mal einen Meter Abstand halte beim Parken auf einer öffentlichen Grünfläche. Nichtsdestotrotz werde ich immer wieder zu eng zugeparkt, wenn ich eben nicht auf einem Behindertenparkplatz stehe. Aber schließlich sind diese ja auch dazu da, uns das Leben zu erleichtern. Ist ja alles an sich auch schön und gut. Nun parke ich also auf meinem eigenen Behindertenparkplatz vorm Haus, natürlich mit dem Ausweis hinter der Scheibe, wie immer. Ich hatte mir aber vor 3 Wochen eine schlimme Mandelentzündung eingefangen und war nicht fit genug, um selbstständig mit dem Auto zu fahren. Ist ja auch nicht schlimm, dann fährt mich eben der Lukas mit seinem Auto zum Arzt. Jetzt folgendes Problem: Wenn er mich fährt und wir in der Innenstadt einen Parkplatz brauchen, dann muss es ja ein Behindertenparkplatz sein, weil ich sonst nicht aus dem Auto aussteigen kann, geschweige denn wieder hereinkomme. Nun muss aber mein Ausweis in meinem Auto liegen bleiben, weil ich ja schließlich auf dem Parkplatz vorm Haus nur mit meinem eigenen Ausweis stehen kann. Wie sollen wir nun also in der Stadt parken? Meinen Ausweis mitnehmen können wir ja nicht, sonst bekomme ich einen Strafzettel. Ohne parken dürfen wir aber auch nicht, sonst bekommt der Lukas einen Strafzettel.

© Th10. Leben. Rollstuhl. Hund.

Weil wir versucht waren, eine Lösung für das Problem zu finden und weil wir ja auch nicht die Einzigen sind, die das betrifft, haben wir kurzerhand beim Ordnungsamt angerufen. Wie immer war man dort natürlich enorm freundlich und nahm sich unserer Problematik an: „Dass Sie zwei Autos haben, ist schließlich Ihr Problem und wenn Sie das Problem so sehr stört, dann können wir den personalisierten Behindertenparkplatz vor dem Haus ja wieder entfernen“. „Ja und warum fahren Sie überhaupt mit Ihrem Auto und nicht mit dem Ihrer Freundin?“
Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll! Dass wir zwei Autos haben ist also unser Problem. Ok, dann kann man mir ja bitte mal erklären, wie der Lukas an die Arbeit fahren soll, ohne sein Auto, während ich mit meinem in die Uni muss? Und was ist das für eine Unterhaltung? Wenn man sich nett und freundlich ans Ordnungsamt wendet, dann wird gleich gedroht? Wie bei einem kleinen Kind das nicht spurt? Wenn ich es also wage zu fragen, wie man das Problem lösen könne, dann wird mir gleich der gesamte Parkplatz entfernt? Unabhängig davon, dass ich sonst nirgends parken kann? Man erschwert mir also meine sowieso schon erschwerte Lage, weil ich wage etwas zu hinterfragen? Ganz ehrlich: ich habe mir meine Behinderung auch nicht ausgesucht und ich kann mir wahrlich schöneres vorstellen! Falls irgendwann der Tag kommen sollte, an dem ich keinen Rollstuhl mehr brauche, ich tausche gerne meinen Behindertenausweis mit allen Merkzeichen und allem Drum und Dran, inklusive des Parkplatzes, gegen ein weitaus leichteres Leben ein. Denn das Leben im Rollstuhl ist beschwerlicher! Alleine schon, dass man tagtäglich gegen Barrieren, sei es baulich, oder in den Köpfen der Menschen, ankämpfen muss!

Warum wir mit Lukas Auto fahren? 1. Weil ich krank war und zu fertig um selbst zu fahren. 2. Weil er einen Kombi fährt und wir einen Hund haben, der natürlich bei sonstigen Ausflügen dabei ist. Ich fahre einen kleinen Polo. Der ist super, für mich reicht er, aber nicht um darin zu zweit mit Hund weitere Strecken zurückzulegen. Oder schon mal einen Rollstuhl samt Hund und Gepäck irgendwie in den Kofferraum eines Kleinwagens bekommen? Außerdem, aus welchem Grund muss ich mich bitte dafür rechtfertigen, dass wir zwei Autos haben und mit welchem wir wann unterwegs sind?

Am Ende des Gesprächs ist dem Ordnungsbeamten sogar eine ganz tolle Idee gekommen: Wenn wir mit Lukas Auto fahren wollen, dann muss er mit seinem Auto von seinem Parkplatz runter und ich muss in mein Auto steigen (das darf der Lukas nämlich nicht fahren, weil es Handgas hat). Damit muss ich dann auf Lukas Parkplatz, oder einen anderen fahren (auf dem ich dann ja wieder nicht ein- und aussteigen kann). Dann muss ich aus meinem Auto raus, in Lukas Auto einsteigen und natürlich den Ausweis mitnehmen. Sein Ernst? Auf so eine Idee kann auch nur jemand kommen, der selbst nicht auf einen Rollstuhl angewiesen ist!

Aber es geht mir ja gar nicht darum, dass ich einen zweiten Ausweis haben möchte. Sondern ich möchte bloß, dass eine Lösung für den Personengebundenen Parkplatz gefunden wird. Wegen mir mit einem Anwohnerparkausweis. Aber es kann ja wohl nicht meine Aufgabe sein, ein Problem anzuzeigen, sich dafür eine Lösung zu überlegen und gleichzeitig deshalb gedroht zu bekommen. Das hat nichts mit Meinungsfreiheit zu tun.