„Keep on rolling“ lautet eigentlich mein Lebensmotto. Egal wie holprig und steinig der Weg erscheint, egal wie aussichtslos die eigene Situation zunächst wirkt, es gibt immer einen Weg und eine Lösung, die zumindest zu einer Verbesserung führen. Auch bei mir dauerte es einige Zeit, bis ich das so sehen konnte. Schließlich habe ich eine Erkrankung, die mir tagtäglich meine eigene Machtlosigkeit gegenüber meinem Körper vor Augen führt und mir so nicht selten das Gefühl vermittelt, dass ich einfach nur Zuschauer und Statist in meinem eigenen Leben bin. Aber alleine vom Kopf her die Tatsache begreifen zu können, dass ich mit meinem Willen schon so unglaublich viel erreichen kann, war der erste Schritt in die richtige Richtung. Doch nicht nur ein eiserner Wille und viel Motivation sind manchmal ausreichend genug – es braucht auch das richtige Equipment und die richtige Ausstattung, um sich selbst wohlfühlen und dadurch mehr erreichen zu können. Erst wenn ich mich selbst in meinem Alltag und meiner Lebensführung nicht mehr durch meine Behinderung oder meine Erkrankung eingeschränkt fühle, kann ich das Leben führen, das ich gerne führen möchte.

Als regelmäßige Leser/innen dieses Blogs wisst Ihr, dass ich immer auf der Suche nach neuen Hilfsmitteln und Produkten bin, die mir das Leben in irgendeiner Art und Weise erleichtern können. So kam es auch, dass ich durch die nachlassende Kraft in meinen Armen und Händen schon vor einiger Zeit darauf angewiesen war, mir neue Greifreifen zu suchen. Für einen elektrischen Antrieb oder einen Restkraftverstärker war ich mir noch zu gut, sodass ein Paar Greifreifen hermusste. Und zwar welche, die mehr Grip haben, damit ich wieder selbstständiger unterwegs sein und meinen Alltag alleine wuppen kann. Die normalen Greifreifen sind nicht nur zu glatt, sondern durch ihre absolut unergonomische Form so schlecht für mich zu greifen, dass mein „Fahren“ mehr einem verzweifelten Vorwärtskommen entsprach. Also ging ich damals auf die Suche und hatte recht schnell zwei interessante Greifreifen gefunden: die „Gekko“ von Carbolife und die „The Surge“. Auf der RehaCare-Messe testete ich beide Greifreifen auf einem kurzen Hindernisparcour und konnte mich trotzdem nicht entscheiden. Viele meiner Freunde hatten damals die „The Surge“, also entschied ich mich auch dafür. Dummerweise. Denn ich wusste damals weder, dass man dort die Gummilippe nicht austauschen kann, geschweige denn, dass die „The Surge“ konsequent abfärben. Erst recht, wenn es draußen nass oder feucht ist. Zu wenig Recherche meinerseits und schon hatte die Krankenkasse sie mir genehmigt und ich hatte sie zuhause. Tja, meine anfängliche Freude wich schnell steigender Enttäuschung und spätestens, als ich mir im Sommer meine weißen Hosen einsaute, weil meine Hände so dreckig von den Greifreifen waren, war meine Geduld am Ende. Ich schrieb auf unserem Blog darüber (hier) und als hätte der Himmel mein Klagen gehört, meldete sich kurze Zeit darauf Carbolife bei mir! Sie hatten von meinem Problem gehört und ob ich nicht Lust hätte, ihre Greifreifen zu testen. Ja klar! Ich teste grundsätzlich gerne – aber nur unter einer Bedingung: Ich darf offen und ehrlich darüber schreiben. Carbolife sah das glücklicherweise genauso wie ich, sodass einem Test nichts mehr im Wege stand.
Mittlerweile habe ich meine „Gekko“-Greifreifen (4 Wochen) und kann ein erstes größeres Urteil darüber abgeben:

Die Form

Erster Vorteil dieser Greifreifen ist, dass sie ergonomisch geformt sind. Dadurch sind sie zwar minimal größer als meine Vorgänger, liegen aber optimal in der Hand. Beim Pushen habe ich richtig etwas in der Hand und kann auch mit meiner geringeren Arm- und Handkraft noch genug Anschubkraft aufbauen. Außerdem habe ich durch die benutzerfreundliche Form weniger Schmerzen in den Händen und kann so längere Strecken alleine fahren. Bestes Beispiel dafür war unser Kurzurlaub in Spanien (hier), bei dem ich sogar eigenständig die steilen Berge hinauf und herunter fahren konnte.

Material

Der Gekko-Greifreifen ist aus eloxiertem Aluminium. Die reibungsarme Oberfläche an den Seiten verhindert eine Hitzeentwicklung beim Bremsen. Der „The Surge“ ist etwas schmaler geschnitten, was mir nicht nur weniger Auflagefläche für meine Hand bietet, sondern eben auch der komplette Greifreifen von der Gummilippe bedeckt ist, was beim Bremsen durchaus mal warm werden kann. Was die Temperaturleitfähigkeit betrifft, unterschiedet sich der „Gekko“ kaum von anderen Greifreifen. Auch er wird bei Kälte relativ schnell kalt – aber Alu leitet eben. Als Alternative bleiben dann nur noch Holzgreifreifen, die mir persönlich aber zu wenig Grip bieten. Der „Gekko“ lässt sich aber auch super im Winter mit Handschuhen fahren, denn durch den starken Gripp der Gummilippe, kann ich sogar wieder Strickhandschuhe tragen.
Das Gewicht des „Gekkos“ ist natürlich von der Größe (gibt es in den Größen: 22“-26“) und der Befestigungsart (Gewinde/Lasche) abhängig und daher individuell bestimmbar. Jedoch ist er im Vergleich mit bauartgleichen Reifen einer der leichtesten auf dem Markt.

Die Gummilippe

Ein wirklich großer Vorzug der „Gekkos“ ist die austauschbare Gummilippe. Während man bei den „The Surge“ gleich den gesamten Greifreifen austauschen muss, was nicht nur vollkommen unwirtschaftlich ist, sondern auch einen großen mitproduzierten Müll bedeutet, kann man beim „Gekko“ einfach die Gummilippe austauschen, wenn sie zu abgegriffen und abgefahren ist.

Ein weiteres großes Plus ist, dass die Gummilippe nicht abfärbt! Das riesen Manko der „The Surge“, was fast jeder Nutzer bestätigen kann, der Hersteller aber weiterhin bestreitet. Denn die Gummilippe des „The Surge“ besteht aus Kautschuk und ist mit Rußpartikeln eingefärbt. Das führt dazu, dass sobald es draußen feucht oder nass war oder im Sommer durch die Reibung Hitze entstanden ist, der Greifreifen die Hände verfärbt hat (siehe hier) und ich mir mit meinen dreckigen Händen dann so einige Hosen eingesaut habe. Dazu kommt noch, dass sich der Grip des Gummis bei Regen sofort erübrigt hatte. Ganz im Gegenteil zu den „Gekkos“! Die Gummilippe ist aus Silikon, latexfrei und färbt absolut nicht an die Hände ab. Auch bei starkem Regen bleibt noch mehr Grip bestehen. Zwar sind die „Gekkos“ anfangs durch das verwendete Silikon etwas elektrisch aufgeladen, was dazu führt, dass sich z.B. gerne Hundehaare daran kleben, aber diese statische Aufladung verfliegt recht schnell und macht der Nutzung keinen Abbruch.

Ich persönlich gehöre auch zu den Menschen, die ihre Greifringe meistens einmal täglich sauber machen – gerade in der Grippesaison. Ich fasse alle möglichen Türklinken an, danach die Greifreifen, wasche schließlich zuhause meine Hände, aber die Greifreifen habe ich ja trotzdem immer wieder zwischendurch angefasst. Da ich sowieso ein sehr schlechtes Immunsystem habe und alle Krankheiten magisch anziehe, wische ich meine Greifreifen nach jedem größeren Ausflug mit Desinfektionsmittel ab. Auf dem in Desinfektionsmittel getränkten Tuch ist schließlich jede Menge Dreck, aber die Greifreifen färben selbst im feuchten Zustand nicht ab und die Gummilippe nimmt mir das aggressive Desinfektionsmittel nicht übel.

Die Beschichtung

Bei der Beschichtung gibt es sowohl Vor- als auch Nachteile, auf die ich natürlich genauer eingehen möchte.
Ein kleiner Nachteil, wenn auch nur rein optisch, ist die Beschichtung der „Gekkos“. Diese sind normal eloxiert, was bedeutet, dass man jegliche Macken relativ schnell sieht, sollte man irgendwo dagegen fahren und sich den Greifreifen verkratzen. Zum Vergleich: die „The Surge“ sind hart eloxiert. Das hat den Vorteil, dass die Greifreifen robuster sind und man bei mir selbst tiefe Kratzer quasi nicht gesehen hat. Dabei darf man aber eben nicht vergessen, dass der Rollstuhl ein Gebrauchsgegenstand ist und diese Macken rein optisch sind und in der Fahrqualität keine Einbußen machen.

Jetzt könnte man sich natürlich zu Recht fragen, weshalb die „Gekkos“ dann normal eloxiert sind, wenn doch das Harteloxieren nur Vorteile aufweist. Das hat den Grund, dass Carbolife bei seiner Produktion viel Wert auf die Wertschöpfungskette legt, denn die Greifreifen werden ausschließlich in Deutschland designed und produziert. Die Richtlinien zum Harteloxieren sind hier in Deutschland wesentlich strenger, weshalb die „The Surge“ eben in Asien produziert werden. Dort dürfen weiterhin krebserregende Stoffe verwendet werden – nebenbei werden die Arbeiter dort mit einem Hungerlohn bezahlt. Eigentlich wissen wir das ja alles, aber wenn wir ehrlich sind, machen wir es uns doch gerne einfach und bequem. Mir war bei meinen „The Surge“ zwar nicht klar, wo sie herkommen, aber ich habe es auch nicht hinterfragt.

Preislich liegen die „Gekkos“ bei knapp 500€ und sind damit nur unwesentlich teurer, als beispielsweise die „The Surge“. Wobei nicht zu vergessen ist, dass die Greifreifen in den meisten Fällen ohne Probleme von den Krankenkassen übernommen werden. Gleichzeitig kaufe ich damit ein „Made in Germany“-Produkt, bei dessen Produktion noch Qualität, Logistik, Nachhaltigkeit und ein angemessenes Gehalt der Mitarbeiter eine Rolle spielen und welches direkt in Dresden produziert wird.

Fazit

Alles in Allem: viele Pros und wenige Kontras!
Ein Greifreifen ist genauso individuell wie ein Rollstuhl und sein Benutzer. Von daher kann ich hier nur von meinen Eindrücken und Empfehlungen sprechen. Aber: Selbst testen zahlt sich aus! Wer also noch auf der Suche ist – probiert sie aus und schaut, ob es etwas für Euch ist! Ich war restlos überzeugt und hatte sie schon bevor ich sie bekommen hatte bei der Krankenkasse beantragt 😉